Vorträge zu Verdi
Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Der heitere Verdi
Besonders fröhlich war das Leben von Giuseppe Verdi nicht. Ist es ein Zufall, dass es kein Gemälde und kein Foto gibt, auf dem Verdi lacht? Witwer zu werden und zwei Kinder verlieren, das war Verdis Schicksal, noch ehe er 30 Jahre alt war. Später hat ihm seine Lebenspartnerschaft ohne Trauschein mit Giuseppina Strepponi die Ablehnung seiner Mitmenschen beschwert – auch dies kein Gegenstand der Freude. So verwundert es vielleicht nicht, dass die 26 Werke des italienischen Komponisten wenig Vergnügliches beinhalten, dass auf alle Opern am ehestens Begriffe wie düster, dunkel, abgrundtief zutreffen. Das betrifft sogar Falstaff, die scheinbar so heitere Oper am Ende von Verdis Schaffen. Aber Falstaff ist so wenig komisch wie die Meistersinger von Wagner. Der einzige Unterschied zu den tragischen Werken der beiden Komponisten, die 2013 ihren 200. Geburtstag feierten, ist, dass es keine Toten gibt. Außer Falstaff und einer verunglückten frühen Oper hat Verdi nur im ernsten Bereich gearbeitet. Und trotzdem setzt Verdi Mittel des Heiteren in ihrer ganzen Bandbreite ein: Scherz, Satire, Spott, Komik – das alles gibt es durchaus; sei es als Kontrast zum Furchtbaren, wie in Don Carlos oder Macbeth, sei es als Mittel, um auf Katastrophen zu reagieren wie im Maskenball. Sabine Sonntag wird in ihrem Vortrag aufzeigen, wie und warum Verdi Komik „herstellt“, nach welchen musikalischen Methoden er dabei vorgeht.
O patria mia: Verdi, Vater der italienischen Einheit
Als Giuseppe Verdi vor gut 200 Jahren in Norditalien geboren wurde, erschienen seine Vornamen in französischer Sprache im Taufregister. Nur ein Jahr später wurden die Franzosen aus Norditalien vertrieben, und Verdis Heimat verblieb für Jahrzehnte unter österreichischer Besatzung. Dass Italien schließlich 1861 wieder ein eigenständiger Staat wurde, daran hat Verdi ebenso seinen Anteil wie Giuseppe Garibaldi und Alessandro Manzoni. Welche Mittel aber stehen einem Komponisten zur Verfügung, politisch zu wirken? Wodurch wird eine Musik patriotisch? Dieser Frage geht Sabine Sonntag nach, zeigt auf, wie Verdi in der Stoffwahl und musikalischen Gestaltung zur großen patriotischen Identifikationsfigur wurde, wie er aber sich aber in der zweiten Hälfte seines Schaffens ganz anderen, "neuen und kühnen" Themen zuwandte. Zur Sprache kommen Opern wie Nabucco, Attila und Die Schlacht von Legnano, bevor dann untersucht wird, wie Verdi mit Werken wie Aida oder Simon Boccanegra eine vollkommen neue Haltung gegenüber der "patria", dem "Vaterland", entwickelt.
Pace, pace. Das Thema FRIEDEN im Spätwerk von Giuseppe Verdi
Die erste Hälfte seines Schaffens widmete sich Giuseppe Verdi immer wieder und vordringlich dem Kampf gegen Unterdrückung und Besatzung. All seine Opern sind Ausdrucks der italienischen Befreiungsbestrebung nach der politischen Zerschlagung durch den Wiener Kongress. Nach 1848 ändert sich Verdis Blickwinkel: Ihn interessieren nun komplexe Charaktere, wo früher die (manchmal) plakative Idee Vorrang hatte. Noch eine Schaffensphase später geht es dem Komponisten vor allem um eines: Frieden. Sabine Sonntag wird anhand von vier Fallbeispielen aufzeigen, welche Art "Frieden" in Verdis Vision Platz greift: Die Macht des Schicksals, Aida, Don Carlo und vor allem Simon Boccanegra werden vorgestellt und untersucht.
Außer Verdi nix gewesen?
Vergessene Komponisten rund um den großen Meister aus Italien
Nach 1860 hat Verdi fast dreißig Jahre lang keine neue Oper mehr in seinem Heimatland Italien herausgebracht. Die Premieren vor Otello fanden in St. Petersburg, Paris und Kairo statt. 1873 konnten die Italiener erstmals eine Oper von Wagner auf einer ihrer Bühnen erleben: Lohengrin in Bologna. Diese beiden Dinge, Verdis Schweigen im eigenen Land und das Bekanntwerden Wagners, haben die italienische Musik nachhaltig und grundlegend verändert. Es bildete sich schnell eine große Anhängerschaft Wagners um die Führungsfigur Arrigo Boito. Sie nannten sich "scapigliati", eigentlich "Struwwelköpfe", aber besser mit "die nicht Angepassten" zu übersetzen - sie sahen in Wagners Stoffwelt und seinen kompositorischen Errungenschaften die Zukunft für Italien. Auf der anderen Seite waren da Komponisten wie Antonio Cagnoni, Filippo Marchetti und der Brasilianer Carlos Gomez, die Verdis weg fortführten und begeistert die Lücke füllten, die Verdi hinterließ.